07.08.22 Sonntag Anreise nach Prag

01.08.2022 Dennis:

Wenn die Herrschenden das Schachbrett der Welt neu sortieren bleibt für die Bauern nur der kleine Horizont. So geht es statt auf harten Schienenköpfen vom Baikalsee nach Moskau nun über die sanfte Moldau von Prag nach Mělník .

Zu unterschiedlichen Zeiten reisen wir am Sonntag Nachmittag an. Dennis, zuvor noch bei Freunden in Berlin kommt aus der Hauptstadt mit dem Zug. Ich fahre etwas später von Leipzig dafür mit 24 kg Gepäck mit dem Intercity und steige in Dresden in den Eurocity nach Prag. Maskenpflicht im Zug hin oder her in dem transeuropäischen Zug interessiert sich kaum einer dafür. Einen letzten Platz konnte ich mir in DD Neustadt sichern, bevor am Hauptbahnhof der Zug restlos überfüllt wurde. Warm eng und stickig war es im Zug. Die Vorfreude auf ein Pilsner Urquell besiegte jedoch die miese Laune.

In Prag angekommen, wartet Dennis bereits am Bahnhof. Gemeinsam geht’s zu Fuß zum Hotel. Unser Hotel, einen Steinwurf von der Karlsbrücke entfernt, ist eine gute Wahl. Schwere, alte Holzbalkendecken verzieren Zimmer und Flure. Ein bisschen gediegen und herrschaftlich wirkt das Zimmer. Alles ist angemessen sauber und schön. Das Zimmer mit Blick auf den Hinterhof ist eine gute Wahl, liegt das Hotel doch an der Haupteinflugschneise zur Karlsbrücke, die täglich von tausenden bevölkert ist.

Selbstverständlich zieht es auch uns in diese Richtung. Keine 5fünfzig Meter neben der Brücke ist eine Herrliche Terrasse mit der Statue des berühmten Komponisten Bedřich Smetana. Wir sind aber aufgrund des super Blickes auf die Karlsbrücke und neben dem Abendessen auch wegen des Bieres hier. zur blauen Stunde in perfektem Licht geht die Sonne hinter der Prager Burg unter. Vor dem Zubettgehen machen wir noch einen Spaziergang über die Karlsbrücke auf die andere Seite der Moldau und trinken einen kleinen Absacker vor dem Schlafen gehen. Gut gelaunt und voller Vorfreude, aber auch ein bisschen Bang vor dem morgigen Tag, gehen wir zu Bett.

Warnemünde-Leipzig-Sonnabend

Der letzte Morgen beginnt mit 7 fachen Glockenläuten. Eine entspannte Dusche später sitzen wir beim leckeren Frühstück. Der Fahrradraum ist gestern Abend noch ganz schön voll geworden und unsere Räder stehen ganz hinten. Als wir in Richtung Heimat aufbrechen hat er sich aber sichtlich geleert. Auf gehts Nach Hause.

Wir verlassen Bitterfeld mit vollem Elan und frischem Wasser entlang des  Goitzschesee. Immer wieder glitzert das Wasser des riesigen Sees durch die Bäume. Deutlich zugenommen hat der Radlerverkehr. Man genießt das Wochenende bei herrlichem Sonnenschein.  Wir können auch noch ne Weile genießen. Zügig kommen wir nach Delitzsch. Delitzsch liegt so nah an Leipzig aber so richtig war noch keiner von uns hier.  Höchstens mal auf der Durchreise. Die „Innenstadt“ liegt auf einer kleinen Halbinsel mit einem schönen barocken Schloss. So richtig viel Zeit wollen wir aber nicht hier verbringen. Das heben wir uns für später auf. Jetzt zieht es uns erstmal weiter in die Heimat. „Leipzig 21 km“ steht auf den Vorwegweisern extra für Radfahrer. Nun ist es bald geschafft. Wir legen noch einen kurzen Stop am Werbeliner See ein und ich springe in die Fluten. Dennis hat nach seinem gestrigen Badetag wieder eine Pause eingelegt. Herrlich erfrischt steige ich nun wieder auf den Bock. Der Schladitzer See taucht auf, die Wege kommen mir bekannt vor – hier bin ich schon entlang gejoggt mit Ralf. Nun ist es nicht mehr weit. Über die Autobahn drüber und schon winkt der Ortseingang von Leipzig. Wie auf unseren ersten Motorradtouren vor 20 Jahren bleiben wir am Ortseingangsschild stehen und lichten uns mit dem Schild ab. Kurz tauchen alte Bilder im Kopf auf von verwegenen Touren auf den alten MZ! Aber beizeiten meldet sich der Popo zurück und erinnert mich daran, dass ich schon 450 km auf dem lieb gewonnenen Sattel sitze.

Wir düsen durch Leipzig, nehmen eine Abkürzung durch das Rosental und enden im Clara Zetkin Park im Glashaus. Ich konnte mich schon gar nicht mehr daran erinnern, aber Dennis hat es gespeichert. Hier haben wir uns vor einem guten Jahr getroffen und beschlossen, nach Motorradtouren nun mal einen Fahrradurlaub zu versuchen. Es endet wo es begann. Wir trennen uns hier, Dennis fährt nach Markkleeberg, ich nach Schönefeld. Wir wohnen so weit auseinander. Gibt bestimmt wieder viel zu erzählen bei der nächsten Zugfahrt….

Hier noch ein paar Fakten:

Wir hatten außer die kleineren Eskapaden mit der Schaltung keine Pannen. Insgesamt haben wir 466,74 km geschafft, in einer Fahrzeit von 24,8h. Das macht eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 18,82 km/h

Warnemünde-Leipzig-Freitag

100km lassen mich aufschrecken. Durch unseren kurzfristigen Hotelwechsel könnte es heute das erste Mal dreistellig werden. So oder so, Frühstück ist wichtig und dieses lassen wir uns gemütlich schmecken. Die Hausherrin sagt uns einen sonnigen Tag voraus und der Ritt beginnt wie immer bei km 0. 

7km, oder wie wir heute sagen können 7% der Tour liegen hinter uns und wir haben unseren ersten Zwangshalt. Uwe‘s Rad, oder besser seine Schaltung knallt regelmäßig sehr ungesund. Vielleicht bringt ein einstellen der selbigen etwas? 

Es vergeht kaum ein km ohne Knallen von Uwe‘s Rad, 42% haben wir mittlerweile auf der Uhr und stehen in Wittenberg an einer Radwerkstatt. Und jetzt, 42,5% und das Fahrrad läuft wie eine Biene. Lass den Fachmann ran, ein kurzer Blick auf dem Verlauf des Schaltzuges und das Problem ist erkannt, hinter der Lampe auf befestigt und damit nicht frei verlaufend kann es nicht richtig funktionieren. 

Die erste Einkaufsmöglichkeit heute füllt unsere Wasservorräte und natürlich wird auch der Picknickkorb gefüllt. Ich passe wie gewohnt auf unsere Räder auf und genehmige mir gleich mal ne Bratwurst. 

16:30Uhr haben wir nun 75% absolviert und ich liege auf der Decke am Bergbauernsee. Wir haben gut gespeist und statt des obligatorischen Kaffee gibt es heute ein Radler. Mit dem reparierten Fahrrad von Uwe muss ich mich beim Voraus fahren nun öfter rumdrehen, ob Uwe sich noch hinter mir befindet. Nicht das wir uns ständig verlieren, das klappt außerordentlich gut, nur durch das fehlende Akustische Feedback von Uwe seinem Rad fahre ich gefühlt alleine vorne weg. 

Bis wir die Bagger von Ferropolis sehen, hören wir schon lange die dumpfen Bässe des Melt- Festival. Uwe hat den Versuch den Dorfteich schwimmend zu erkunden abgebrochen und so starten wir auf den letzten Teil der heutigen Tour. 

88% steht auf dem Tacho, kurz vor 18Uhr stehen wir nun an der Goitzsche. Bei diesem herrlichen Anblick gönnen wir uns gleich ein Eis auf die Faust und genießen die Aussicht. Gerade ertönt meine Klingel neun mal (aller 10km ertönt die Klingel in Menge der zurück gelegten 10 km Schritte), als wir im Schilf eine kleine Lücke entdecken. Uwe ist schnell im Adamskostüm in den kühlenden Fluten. Ich stehe erst nur mit den Füßen drin, entledige mich aber auch meiner Kluft und hüpfe hinein. Ich gebe es zu, bei Uwe ging das ohne Jammern….

93% sind erreicht und wir stehen vor unserem Hotel. Die Fahrräder kommen hinten in den Wirtschaftsraum und wir in unser Zimmer. 

100% sind erreicht, zwar nicht auf dem Tacho, sondern auf dem Freisitz in unserem Hotel. Das Bier steht gut gekühlt vor uns und unsere Steaks brutzeln sicher schon in der Küche. Ab jetzt heißt es den letzten Abend im ersten Fahrradurlaub zu genießen.

Warnemünde-Leipzig-Donnerstag

Donnerstag

England ist ausgeschieden. Trotzdem konnte ich diese Nacht gut schlafen. Es regnet nicht mehr und vor unserem Zimmer wird der Wochenmarkt aufgebaut. Dennoch schlafe ich gemütlich bis kurz nach sieben. Wie es aussieht hat die Pension nur 2 Zimmer. Frühstück gibt es direkt vorm Zimmer. Ich kann direkt in Socken frühstücken gehen. Unsere Nachbarn sind auch Radwanderer die Eltern haben aber genug mit ihrem Kind zu tun. So kommen wir nicht ins Gespräch. Müssen wir auch nicht. 

Die Radlersachen sind halbwegs getrocknet ein bisschen müssen wir noch mit Fön nachhelfen. 

Los gehts wieder. Die richtige Position im Sattel finden, dass es dem Popo gut geht und reintreten. Ziemlich zügig ig spulen wir die ersten km bis zur nächsten Elbfähre Grieben Ferchland ab. Während der kurzen Überfahrt kommen wir mit ein paar Radfahrern aus der Gegend ins Gespräch. Sie sind von Cuxhaven gekommen und fahren nach Hausenaxh Aken, auch an der Elbe. Damit haben sie ihren Elberadweg komplettiert. Für uns endet der gut ausgebaute und reichlich beschilderte Elberadweg in Ferchland und wir fahren weiter auf der Landstraße. Von nun an geht es erstmal über Landstraßen in Richtung Genthin. Der Wind meint es zwar gut mit uns, trotzdem stecken uns 250 km in den müden Knochen. Aber wir halten einen guten Schnitt von 23 km/h für die nächsten 10 km. Genthin ist, zumindest aus unserer Sicht und ohne der Stadt unrecht zu tun, nicht das touristische Highlight. Wir heben kurz Geld ab und und verspeisen unsere mitgebrachten Frühstücksbrötchen.  Auch nach Genthin erwartet uns wieder grauer Asphalt auf der Landstraße. Kleine eingeschlafene Dörfchen passieren wir. Ich denke, hier ist nicht mehr viel los. Bekannt ist ja, das alle in der Stadt wohnen wollen und niemand auf dem Land. Ich denke, das trifft auch hier zu. Wenn man mal Leute trifft, sind es eher ältere Semester, die ihren Gartenzaun streichen oder ihre Blumen im Vorgarten gegen und pflegen. Weiter gehts. Eigentlich auf dem offiziellen Telegrafenradweg,  nur leider immer noch entlang der Landstraße. Kein Radweg in Sicht. In Ziesar, mir nur bekannt aus dem Verkehrsfunk, liegt in der Nähe der A2. Wir verbinden mit Ziesar nur schmerzende Popo Backen. Das allseits beliebte Kopfsteinpflaster erfreut sich auch hier größter Beliebtheit. Wir holpern uns durch die die Stadt. Gut 50 km haben wir auf dem Tacho stehen. Und es ist gerade um kurz nach eins. Wir haben schon gut Strecke gemacht heute. Eine alte Backsteinkirche landet im Kasten und wir wollen uns was zu essen suchen. Wir sind aber noch uneins, was es werden soll. Kleine Bockwurst oder doch was größeres? Für Picknick ist heute kein Wetter. Schließlich landen wir in ‚Holgers Grillstübchen‘ und sind mit zwei Bauernfrühstück mehr als zufrieden.  Wir lassen uns Zeit und gönnen die Ruhe unseren Popos. Viel liegt heute nicht mehr vor uns. Auch die Wetterprognosen haben sich größtenteils erfüllt und wir sind um den großen Regen, wie gestern Abend drum rum gekommen. 

Da wir kurzfristig umgebucht haben, sollte heute schon nach gut 70 km Schluss sein. Wir wollen in die ‚alte Hölle‘, ein Waldhotel in der Nähe von Wiesenburg. Jetzt kommen wir auf dem  ‚historische Stadtkerne Radweg‘auch endlich mal auf Radwege, die den Namen verdienen. Auf einer ehemaligen Eisenbahnlinie geht es glatt geteert zügig durch die Mark Brandenburg.  Wir sehen einen ehemaligen Bahnhof, hübsch umfunktioniert zum Wohnhaus mit Garten. Vorbei an einer alten Russenkaserne , die schon bessere Tage gesehen hat. Wir fahren am Stacheldraht entlang und entdecken das alte Tor. Drinnen Ruinen, von denen die Gelbe Farbe abbröckelt. Nach einer Weile kommt ein Auto aus dem Gelände. Ein Typ mit schwäbischen  Akzent quatscht uns an. Wo wir herkommen , was wir machen. Auf unsere Gegenfragen antwortet er nur ausweichend. Nicht das hier irgendwo osteuropäische Frauen gefangen halten werden. 

Wir Düsen weiter. Je näher wir dem Ziel kommen, desto schwerer wollen die Füße reintreten, desto öfter geht der Blick zum tach mit den gefahrenen Kiometern. Da wir heute ein Ausweichziel ansteuern, steht das auch nicht in unserem na vi drin. Wir verlassen uns auf Google und müssen die letzten 2 km durch den Wald radeln. Auf dem Weg zur alten Hölle, müssen wir durch die grüne Hölle. Hier hat es den ganzen Tag wie aus Eimern geschüttet. Feuchte SandSchlammwege sind zu absolvieren schwer kämpfen wir uns durch Gestrüpp und Unterholz.    landen wir doch in der richtigen Hölle. Alles sieht aus wie ein FDGB Heim von vor 30 Jahren. Hier ist die Zeit stehen geblieben. Wir dürfen aber unsere Räder abspülen und bekommen ein schönes Zimmer und mit Blick auf den Wald. Auch hier hängt der DDR- Mief noch nach. Gardinen, Decken, die Heizkörper….  aber alles ist einigermaßen sauber und so stören wir uns nicht daran. Wie es aussieht, sind wir die einzigen Gäste. Beim Plaudern meint die Wirtin, das in den Ferien nicht viel los ist. Mehr Leute kommen an Wochenenden. Morgen ist die Bude wieder voll. Zur Anlage gehört auch ein Pool. Wen wunderts, auch aus DDR Zeiten. Hierher dürften bestimmt nur die besten fahren. Das Wasser sieht sauber aus. Morgen früh werde ich mal rein springen. 

Abendessen gibt es in Haupthaus. Uns empfängt ein kräftiger älterer Mann. Der Hausherr. Er freut sich über Gäste. Wir lesen die Karte und staunen. Deine Gerichte stehen drin. Wir entscheiden uns für das Kaninchen mit Klößen und Rotkraut. Ich bin gespannt, was das wird, wir sind die einzigen Gäste und die Küche war den ganzen Tag kalt. Aber wir werden echt angenehm überrascht. Das Kaninchen lecker, das Rotkraut perfekt und die Klöße selbst gemacht und Handgeformt. 

Zwischendurch kommt der Wirt noch ins plaudern und erzählt uns, wo er den Hasen herbekommt. Und er erzählt uns Geschichten aus seiner Vergangenheit. Er ist immer rumgereist und war Moderator der Disco Queen, einer Misswahl in den 80ern die in jeder Disco stattgefunden hat. Spannende Geschichten aus einer Zeit, als wir uns noch nicht mit Frauen und Alkohol auskannten. So vergeht der Abend kurzweilig. Weil wir seiner Frau noch ihr nagelneues Navi einstellen können, spendiert er uns noch einen Verdauer. So können wir schnell und gut einschlafen. Noch schneller als sonst.

Warnemünde-Leipzig-Mittwoch

Die Befürchtung von gestern Abend weckt mich in der Nacht, es prasselt laut der Regen. Regenwahrscheinlichkeit von mindestens 70% wabert es durch meinen Kopf während ich wieder tief und fest einschlafe. 

Mittlerweile ist es 7Uhr und, ja und es regnet nicht! Ein Blick auf das Handy zeigt einen gute Prognose , wir sollten die ersten km trocken überstehen. 09:30Uhr ist es und wir starten zur dritten Etappe. Der Schmerz am Allerwertesten verfliegt schnell und die ersten Km sind schnell abgespult. Der Regen der Nacht hat für uns die Waldwege wesentlich befahrbarer gemacht und so düsen wir auf wunderbaren Strecken durch den Wald. Hier ein Reh, und da zwei Hasen auf dem Feld. Selbst der Fuchs lässt sich entfernt auf dem Feld blicken. Wir verlassen den Wald und fahren auf gut ausgebauten Radwegen bis zur nächsten Versorgungsstation in Havelberg. Wie gestern überlasse ich Uwe den Einkauf und während er die Picknickauswahl trifft, teste ich die Bockwurst vom Bäcker und passe auf unsere Räder auf. 

Für unser Mittagspicknick finden wir einen schönen Platz am Elbufer. Es gibt Serranoschinken, eingelegte Paprika und Oliven, sehr lecker. Kaffee und eine Kurze Mittagsruhe fehlen auch heute nicht. Die Wolken am Himmel verheißen nix gutes und so schwingen wir uns frisch gestärkt auf unsere Esel aus Draht. Immer an der Elbe entlang in einer Mischung aus perfekten Radwegen bis hin zur Buckelpiste. Mit der Fähre setzten wir in Arneburg auf die Westseite der Elbe. Hier warten die letzten Kilometer des Tages auf uns. Eine weiße Schlange aus Betonplatten im Style einer DDR Autobahn liegt ohne jede Kurve für die nächsten 10km vor uns. Die ersten E-Biker in kommen uns voller Regenmontur entgegen, nichts was uns zum nachdenken animiert…., kurz darauf bekommt die weiße Schlange die ersten dunklen Punkte. Die Sonne findet zwar noch ihre Lücken, aber Tropfen an Tropfen entwickelt sich zu einem ausgewachsenen Platzregen. Die Gedanken bei der Planung zu Hause das 10km bei Regen doch kein Problem darstellen können, verflüssigt sich schnell als das Wasser in den Schuhen wabert. Die gerade unter einem Baum übergestreifte Regenjacke vermindert die Kälte am Oberkörper ungemein, umso mehr fällt die Konzentration jetzt auf die ungeschützten Körperteile. Tangermünde steht auf dem Orsteingangsschild, super! Der Regen verliert etwas an Puste und wir lassen uns vom Kopfsteinpflaster ein letztes Mal durchschütteln. Wo ist nur unsere Pension für diese Nacht? Laut Navi sind wir da!? Wir sind zwar mitten in der Stadt, aber unsere Pension scheint sich zu tarnen. Noch mal kurz unterstellen, noch mal durchschaukeln über‘s nasse Kopfsteinpflaster und wir sind wieder an der Ausgangsposition. Nur ein kleiner Text neben der Touristinformation schmückt unsere Pension. Praktischerweise gleich von der Dame der Information geführt kommen wir ins Trockene. Zeitungen zum trocken legen unsere Schuhe bekommen wir auch und so beziehen wir glücklich unser heutiges Domizil. 

Zwei Föne baut Uwe zum trocknen unsere Schuhe auf während ich mir den Dreck der letzten Meter unter der Dusche abspüle. 

Eine kurze Suche nach der Abendverpflegung endet am Stadttor in der Alten Zecherei. Dunkels Ambiente, ziemlich viel Kram an den Wänden und dunkel ist es hier. Ritteressen ist hier sicher ein Erlebnis. Wir belassen es bei einem zünftigen Holzfällersteak und genießen im Anschluss das Ende der englischen Nationalmannschaft gegen die Kroaten. Jetzt ist es wirklich an der Zeit ins Bett zu gehen. 

Warnemünde-Leipzig-Dienstag

Märkische Heide, Märkischer SAND

Am Ende des Tages können wir den ersten Bundeslandhaken setzen. Meckpom ist Geschichte. 

Eine perfekte Matratze hat mich gut schlafen lassen.  Gegen sieben schäle ich mich aus den Laken. Meine erste Amtshandlung gilt dem See. Ab in die Fluten. Der Strand ist breit genug für den Schwan der in der morgendlichen Stille sein Gefieder putzt und mich. Ich ziehe ein paar Minuten meine Bahnen und erfrischt  stelle ich fest, das der Schwan immer noch mit seinem Gefieder beschäftigt ist und ich unbehelligt das Wasser verlassen kann. 

Frische Brötchen und sogar ein bisschen Marmelade und Butter bekommen wir von der Rezeption. 

Bald darauf gehts auch schon los. Ein neues Roadbook mit den Abbiegehinweisen kommt in die Lenkertasche. Das ist aber nur die Kür. Für die Hauptnavigation nutzen wir ein klassisches ……  wir folgen praktisch immer einem schwarzen Strich. Funktioniert einwandfrei. 

Nun geht es los. Die ersten km spülen wir auf dem Mecklenburgischen Seenrundweg ab. Doch schon bald müssen wir auf schnurgerade Landesstraße (nach der Bundesstraße die zweithöchste Kategorie) wechseln. Schier endlos ziehen sich die 12 km dahin. Die ersten Kilometer fahre ich vornweg. Wir kommen gut voran. Nach der halben Strecke wechseln wir uns ab und Dennis darf den Windschatten produzieren. Es ist deutlich angenehmer, hinterher zu gleiten, als vornweg zu strampeln.bei km 26 stoßen wir auf den Elbe Müritz Radweg und folgen ihm nach Plau am See.   Hier wechselt der Bodenbelag auf Sand. Genau das richtige für unsere schmalen Reifen. Meist im kleinsten Gang versuchen wir hier vorwärts zu kommen ohne absteigen zu müssen. Tückisch sind die Bergabfahrten auf denen plötzlich ein Sandloch auftaucht. Da rutscht das Rad einfach seitlich weg und man hat keine Chance. Auf dem Weg in die Stadt legen wir kurzerhand einen Badestopp ein und ich stürze mich in die kalten Fluten. Dennis gibt der Bank den Vorzug und entspannt ne Weile. Plau am See ist schön. Ärgerlich für Radfahrer sind derben Kopfsteinpflasterstraßen, auf denen alles Gepäck zu fliegen beginnt und der Po anfängt zu stöhnen. Aber das schaffen wir nach ein paar Fotos sind wir wieder auf einem schön ausgebauten Radweg in Richtung Pritzwalk. Der schöne glatte Radweg wird schnell zum Waldweg und dann auch noch wieder zum Sandweg. Dennis meint am Abend in der Kneipe im Gespräch mit dem Tischnachbar, 100 m Sandweg sind so anstrengend  wie 1 km auf der Landstraße. Recht hat er. Nützt aber leider nix. Zu allem Übel kommt noch Kopfsteinpflaster dazu. 

Als dann die Bundesstraße in den Blick kommt sind froh über den glatten Asphalt. Bloderweise gibt es keinen Radweg hier. Die nächsten 8 km werden ganz schön hart. Dennis übernimmt schnell die Führung und wir kommen gut voran. Am Ende der Straße landen wir in Meyenburg, füllen wir unsere Wasservorräte und kaufen ein bisschen Picknick ein.  Wir machen im Schlosspark eine schöne Rast und genießen das angenehme Wetter. Knapp 50 km waren bis hierher 30 sind noch zu absolvieren. Von nun an Echt es 10 km stetig bergauf bis zum höchsten Punkt unserer Etappe. Nach dem Picknick kommen wir nur schwer wieder in den Tritt. Der gemächliche Anstieg und der aufkommende Gegenwind tuen ihr Übriges. Anschließend geht es allmählich bergab in Richtung Pritzwalk. Das deutlich bessere Fahrgefühl. Wir kommen wieder gut voran und reißen die letzten 20 km runter. Kurz vorm Ziel in einem kleinen verträumten Nest mit Kopfsteinpflaster gibt es im waldcafé noch ein Stück selbst gebackenen Küche. Und einen Pott Kaffee. Nur Radler können sich hierher verirren. Eine Hauptstraße gibt es nicht. Auch die letzten 8 km ziehen nun wie im Flug an uns vorüber und wir erreichen unser Landhotel kurz hinter Pritzwalk. Mit eigener Brauerei und Fernseher fürs erste Halbfinale. Das wird ein toller Abend. 

Warnemünde-Leipzig-Montag

Gut startet der Montag, ausgeschlafen und entspannt beim reichhaltigen Frühstück. Noch vor um zehn habe ich mein Fahrrad von der Versandverpackung befreit und auch die Gepäcktaschen sind an unseren Rädern montiert. Unsere selbst auferlegte Regel bis zum ersten Stopp mindestens 20 km zu fahren, können wir heute leider nicht einhalten. Uwe’s Fauxpas von gestern (vergessener Helm) zwingt uns etwas unsere Route anzupassen. Die Anpassung führt uns durch ganz Rostock, mit Radtour hat das wenig zu tun. Wir stehen an jeder Ampel und durchkreuzen mehrere Wohngebiete. 

20km stehen mittlerweile auf dem Tacho, Uwe hat einen neuen Helm und endlich sind wir so unterwegs, wie man sich das für eine solche Radtour vorstellt. Wir passieren Pferdekoppeln, große Felder und durchfahren diverse Wälder. Unser Plan nicht wie die Masse der Radler zur Ostsee sondern von ihr weg zu fahren erweist sich perfekter Coup. Der Wind beschleunigt uns zu ungeahnten Geschwindigkeiten, selbst bergauf geht der Tacho selten unter 25km/h. Die uns entgegen kommenden Radwanderer sehen weniger entspannt aus, der obligatorische Gruß unter „uns“ Radwanderfreunden fehlt aber nur selten. 

Knapp 50km sind abgespult und wir finden einen kleinen Platz in einer noch kleineren Ortschaft für unsere Mittagspause. Als Menü gibt es das kurz vorher gekaufte Baguette, dazu Frischkäse und ein paar Knacker. Als Abschluss soll es einen Kaffee aus Uwe’s Kaffeemaschine geben. Im letzten Urlaub am fehlenden Topf gescheitert scheint heute alles komplett zu sein. Wasser ist im Topf, Kaffeepulver ist in der French Press und der Gaskocher ist komplett. Feuer? Feuer! Kein Feuerzeug ist in der Schachtel, in die es laut Uwe zu 100% eingepackt wurde. Die Lösung steht hinter dem nächsten Gartenzaun und ordnet ihren Garten. Gerne entzündet die Dame Uwe’s Gaskocher und unserem Kaffeegenuss steht nix mehr entgegen. Im zusammen packen findet sich dann doch das Feuerzeug, welches uns sicher in den nächsten Tagen gute Dienste leisten wird. 

Mit frischer Energie starten wir zur zweiten Tagesetappe. Das nicht sicher verstaute Picknickmesser ist schnell von der Straße aufgesammelt und wir befinden uns wieder in gewohnter Formation auf dem Radweg. Schöne Dörfer passieren wir, klein aber fein ist hier die Devise. Es gibt zwar nicht viel, aber das was es gibt ist schön anzuschauen. Das kann auch schon einmal eine schön bemalte Bushaltestelle sein. Feuerwehrhäuser sind dabei auch nicht zu verachten. 

70 km stehen mittlerweile auf der Uhr, Uwe meldet die ersten Ermüdungen und ich gebe großspurig meine Power für weitere 30 km bekannt. Ich konnte es nicht wissen, die nächsten km gehen über unbefestigte Weg durch den Wald, das bedeutet viel Sand. Teilweise soviel das unser Fahrrad zum Schiebrad wird. Echt nervig und Kräfte raubend. Die ca. 4 km durch den Wald werden abgelöst von nicht minder schlecht zu befahrenden Kopfsteinpflaster. Alles in allem sind nun unser beiden Akkus leer und wir sind glücklich als nach über 83km unseren Zeltplatz in Krakow erreichen. Unser Bungalow liegt direkt am Wasser und gibt uns bestimmt eine erholsame Nacht. 

Uwe zieht es direkt ins kühle Nass, für mich reicht es nur bis kurz über die Knie, die Badehose bleibt trocken. Dann doch lieber die Dusche, wärmer und ohne Sand. 

Die Kneipe am Platz verzückt uns mit Lübzer vom Fass und Überraschungen zum Dessert. Es ist noch nicht mal 21Uhr, die Augen folgen den Muskeln und werden langsam müde…., wir lesen uns morgen wieder. 

Warnemünde-Leipzig-Sonntag

Odyssee an die die Ostsee. 

Unser erster Fahrradurlaub startet recht frisch. Es sind 17 Grad, als ich mit dem Fahrrad voller Gepäck zum Bahnhof düse. Mit dem Intercity geht es heute über Schwerin nach Rostock. Der Radtransport im IC ist nicht ganz so einfach wie in der S-bahn oder im RegionalExpress. Ein Extra Fahrradabteil wartet am Ende des Zuges, fast schon außerhalb des Bahnhofs. Aber relativ zügig ist das Fahrrad verstaut. 

Dennis Fahrrad ging ein paar Tage vorher auf die Reise per Hermes. Es gab leider nicht genug Fahrradplätze im Zug.Irgendwann kommt er dann auch. Schwer beladen mit seinen Taschen und zwei Bechern Kaffee, in der Hand balancierend. Super Idee. So langsam wird es Zeit zum Abschied nehmen von der Liebsten am Bahnsteig. 

Gemächlich setzt sich der Zug in Bewegung. Da wir uns ne ganze Weile nicht gesehen haben, vergehen die ersten zwei Stunden wie im Zug. Wir sinnieren schon mal über den Reiseverlauf, ob wir die Tagesetappen richtig gewählt haben und ob wir auch alles eingepackt haben. Gegen zwölf sollen wir in Schwerin ankommen. Also auch genügend Zeit, um den eigenen Gedanken nachzuhängen. Zwischendurch müssen wir feststellen, das unser Anschlusszug nach Rostock schon 20 min Verspätung hat. Das geht ja gut los. Also wird der Aufenthalt im Schwerin etwas länger dauern. Wir haben nun eine knappe Stunde Aufenthalt. Zeit für eine Bockwurst und ein Urlauberbier. 

Doreen, Dennis Freundin, arbeitet bei der Bahn. Sie meint immer, man soll sich nicht nur auf die Bahn-App verlassen sondern lieber am Bahnsteig warten.  Bei 20 min Verspätung gehen wir davon aus, dass wir ungefähr zur planmäßigen Abfahrtszeit am Bahnsteig stehen. Gesagt getan. 12.37 sollte unser IC rollen, 12.40 stehen wir am Gleis. Auf der Anzeigetafel erscheint keine Verspätung, unser Zug steht aber auch nicht dran. Nur ein RegionalExpress nach Wismar. Komisch. Wir gehen weiter und stellen uns an die richtige Stelle für den Fahrradwagon. 

An der Anzeigetafel erscheint unser Zug immer noch nicht. Eine kleine Unruhe überkommt mich nun doch. Noch mehr, als der angezeigte RegionalExpress einfährt und unser Zug immer noch nicht da ist. Wir gehen nun doch mal mit mulmigen Gefühl zur Info, denn auch die verspätete Zeit unseres Zuges ist mittlerweile verstrichen. Wir werden aufgeklärt dass unser Zug pünktlich um 12.37 den Schweriner Bahnhof verlassen hat. Die Verspätung galt nur für die Ankunft in Schwerin. Der Dame tut es unwahrscheinlich leid, dass uns das passiert. Sie bescheinigt uns gleich die falsche Verspätung, so ist zumindest unsere Zugbindung  weg. Der Alternative RegionalExpress fährt um 13.45 Uhr, hat aber schon eine halbe Stunde Verspätung. Auch die wird uns zusammen mit einem Beschwerdevordruck an die Fahrgastrechteabteilung überreicht. 

Wenig später sitzen wir gefrustet auf den Bahnsteig. Die Verspätung des RE hat sich auf 1 h ausgeweitet. Mittlerweile ist unser IC ohne uns in Rostock angekommen. 

Als Alternative wird über den Lautsprecher der RE nach Wismar angekündigt von wo aus wir dann in kürzere Zeit nach Rostock weiterfahren können. Den nehmen wir kurzerhand. In Wismar müssen wir uns sputen um den Anschluss zu bekommen.  Als ich meinen Fahrradhelm an den Haken hänge, geht mir noch der Gedanke durch den Kopf, dass dies die beste Stelle ist, einen Helm hängen zu lassen.

16 Haltestellen später sind wir endlich in Rostock. Schnell alles ausladen, der Zug fährt weiter nach Tessin. Wir steigen in die nächste S-Bahn nach Warnemünde, als ich merke, was ich im Zug hängen ließ. Eh schon gefrustet, macht das nun auch nicht mehr viel aus. Halb sechs kommen wir ohne Helm in Warnemünde an. 14 Uhr war geplant. 

Die 150 m zum Hotel Belvedere sind schnell absolviert. Direkt am Strom liegt unser Hotel. Menschenmassen drängen sich auf der Promenade. Wir checken ein und erfahren, das auch Dennis Fahrrad gut angekommen ist. Wir sind kurz im Hotel um die Klamotten abzuwerfen. Dann geht es ab an die Promenade Richtung Strand. Vom Wasser aus werden auf alten Fischkuttern allerlei Leckereien angeboten. Bis zur Mündung des Stroms in die Ostsee ist ganz schön viel los. Am Strand werden gerade jede Menge Zelte und eine Bühne aufgebaut. Heute Abend geht die Warnemünder Woche los, wie wir später erfahren. Auch am Strand herrscht reges Kommen und Gehen. Da wir unser Hab und Gut nicht gefährden wollen, gehen wir nacheinander schwimmen. Dennis, nicht gerade als Wasserratte verschrien, macht den Anfang. Ich mache mit der Kamera ein paar Schnappschüsse von ihm, komme mir aber am Strand schon ein bisschen komisch vor, mit der Riesen Kamera Fotos zu schießen. Für seine Verhältnisse ist er dann auch ziemlich lang in der 18 Grad kalten Ostsee. Danach springe ich in die Fluten und genieße das salzige Wasser und die herrlichen Wellen. Auf dem Rückweg, vorbei am Leuchtturm und dem Teepott suchen wir uns eine gemütliche Gaststätte in der wir von der Kellnerin etwas derb aber nicht unfreundlich begrüßt werden. Es gibt Fisch und andere feine Sachen die satt machen. Nach dem Essen zieht es uns wieder auf die Promenade in Richtung Hotel. Langsam werden auch die Menschenmassen etwas weniger. Wir beschließen, noch einen Abstecher zur anderen Seite des Stroms zu machen. Vor dem S-Bahnhof sind ein paar Buden aufgebaut. Wahrscheinlich für das bald beginnende Fest. An einem Barwagen lassen wir uns noch zwei feine Holsten schmecken. Dennis ist noch nicht müde und möchte nochmal zur Bühne am Strand. Mir fallen fast die Augen zu, so trennen wir uns. Ich verschwinde im Hotel und Dennis zieht nochmal von dannen. Schnell fallen mir die Augen zu….

Sonntag

Das Abenteuer beginnt. Ganz langsam….