Tag 6: Bukarest und Busfahrt nach Istanbul

Der sechste Tag unserer Reise beginnt etwas diesig. Aber es sieht nicht nach Regen aus, eher nach einem Sonnentag, der sich erst noch entwickeln muss. Nach dem Frühstück fragen wir an der Rezeption, wann wir denn das Zimmer räumen müssen. Bis zwölf müssen wir draußen sein. Unser plan war eigentlich, gegen 14 Uhr das Hotel zu verlassen, Proviant zu kaufen und dann direkt zum Bus zu fahren, der 16 Uhr abfahren sollte. Also umdisponieren. Wir genießen jeder noch einmal ein Schaumbad mit Blubberbläschen und lassen pünktlich um12 Uhr unsere Rucksäcke an der Rezeption einschließen. Die U-Bahn bringt uns zügig in die Stadt. Wir wollen Postkarten kaufen und einen Happen essen. Beides gelingt super. Während wir beim Italiener auf eine Pizza Diavolo warten, schreibe ich schnell 2 Karten an die Lieben daheim. Anschließend geht es zügig zurück zum Hotel. Kurzer Stopp am Supermarkt. Knackwürste, Brötchen und Wasser für die Fahrt landen im Einkaufswagen. Im Hotel nehmen wir unsere Rucksäcke in Empfang und gehen nochmal für kleine Jungs. An der Rezeption lassen wir uns auch gleich ein Taxi kommen. Schnell bringt uns der junge Fahrer zum Bus. Wir steigen an einer Filiale von Star Tourism aus und in der Einfahrt steht tatsächlich ein schicker und relativ neuer Mercedes Bus. Wir gehen erstmal in die Filiale, müssen unsere Tickets und Pässe abgeben und können draußen warten. Es dauert bestimmt 20 min. Während wir draußen rumlungern. Wir legen unsere Rucksäcke schon in den Kofferraum. Irgendwann kommt die Frau gibt uns andere Tickets und die Ausweise und wir können einsteigen. Der Bus ist vielleicht halb voll mit unterschiedlichen Menschen. junge, ältere, schicke, etwas abgerissene, so richtige Touris wie wir sind eigentlich nur noch drei Brasilianerinnen. Die junge Frau mit unseren Fahrkarten fährt auch mit dazu 3 Busfahrer, und ein junger tätowierter Mann der so bisschen Mädchen für alles ist aber auch irgendwie keine richtige Aufgabe hat. Elena so heißt die junge Frau ist vielleicht 25, hat ein bisschen Haare auf den Zähnen und wirkt reserviert. Aber sie kommt immer mit Getränken rum und fragt, wer was braucht. Nett. Bis zur bulgarischen Grenze geht es zügig voran und gegen 18 Uhr sind wir schon da. Das sich unser Busfahrer dafür auf der Gegenspur mit anderen Autos bestimmt um 30 PKW Längen vorgedrängelt hat, muss hier auch erwähnt werden. Die Toiletten im Bus sind zwar defekt, oder der Fahrer hat einfach keine Lust zu putzen, Martin und ich wagen es aber trotzdem, ein Bier zu öffnen. Nach 5 Min kommt der junge Tätowierte und weist uns darauf hin, dass wir nicht an der Grenze trinken dürfen. Panisch verstecken wir die offenen Dosen vor uns im Gepäcknetz.  Zunächst kommt ein rumänischer Grenzer, etwas später steigt ein bulgarischer Grenzer ein. Es werden Formulare ausgeteilt, für uns in deutscher Sprache. Auf denen müssen wir angeben, wieviel wir an Bargeld mit uns führen. Ich frage nach, ob ich das auch bei kleinen Beträgen tun soll, ja ich muss mit Cent angeben, lastet seine Antwort.
Toll, bei mir schlagen also 5,92€ zu Buche. Bei den anderen beiden ist es etwas mehr. Da wir nur einen Stift haben, will ich noch schnell einen Kugelschreiber aus meinem Beutel ziehen, der ist in Martins Netz neben der offenen Dose. Als ich ihn rausziehe, kommt auch die Bierdose mit und ergießt ihren Inhalt über den Boden. Oh nein und das ausgerechnet an der Grenze. Panik steigt in mir auf. Das Bier läuft unter dem Sitz auch noch an die Tasche des Vordermannes, na der wird sich auch freuen.  In der Zwischenzeit  werden die Formulare wieder eingesammelt. Der bulgarische Grenzer checkt noch  die Pässe und wir wollen schon aufatmen.  Aber der Bus biegt nicht auf die Autobahn sondern in eine riesige schmutzige Zollgarage ab. Hinter uns schließt sich ein riesiges Rolltor und wir stehen im Dunkeln.
…Natürlich nicht ganz im Dunkeln, eine trübe Deckenlampe taucht die Garage in diffuses Licht. Wir müssen alle den Bus verlassen und warten. Unser Vordermann ist ganz schön wütend auf uns ob seines tropfenden Rucksacks. Wir entschuldigen uns artig aber er beschwert sich trotzdem bei Elena. Wir fallen auf. In der Zwischenzeit müssen alle ihr Gepäck nehmen und auf ein altes, schmutzig aussehendes Band legen das durch ein ebenso alt aussehendes Röntgengerät fährt.
Auf der anderen Seite muss es wieder entgegengenommen und auf eine Palette gestellt werden. An einem klapprigen Tisch stehen 3 Grenzer und prüfen die Formulare. Geld wird gezählt, viel Geld. Die Hälfte von den Insassen hat dicke Geldbündel bei sich. Euro wohlgemerkt. Jetzt werden auch die Formulare wieder zurückgegeben. Wir müssen sie selbst abgeben. Kurz spielen wir mit dem Gedanken noch etwas nachzutragen, was wir vergessen haben. Wissen aber nicht wie viele von den Durchschlägen der Formulare zwischenzeitlich entfernt wurden. Also lassen wir es. Als ich drankomme mit meinen 5,92 € guckt mich der Typ ungläubig an und ich muss meine Geldbörse öffnen. Danach lacht er und jagt mich weg. Wir warten alle zusammengedrängt in der Ecke bis alle Geldangelegenheiten geklärt sind und die Grenzer zweimal durch den gesamten Bus gegangen sind und alles ausgeleuchtet haben. Bestimmt haben sie meine Bierdose schon entdeckt und werden uns gleich verhaften. Aber nichts passiert und wir dürfen wieder in den Bus steigen. Das Rolltor öffnet sich wieder und wir werden in die Freiheit entlassen. Aber los geht es trotzdem noch nicht. Wir warten noch eine geschlagene Stunde, bis es endlich weiter geht.
Vollkommen im Dunkeln fahren wir nun durch Bulgarien. Nach 20 min hält der Bus an und es ist eine Rast angesagt. Hatten wir nicht gerade schon ewig an der Grenze gestanden? Aber die Leute vom Bus bringt nichts aus der Ruhe. Der Busfahrer und der Gaststättenbesitzer kennen sich offensichtlich. Sie umarmen sich und küssen sich auf die Wange. Dann gehen sie in sein Restaurant und essen Abendbrot. Wahnsinn. Wir vertreiben uns die Zeit mit Obstkauf und Toilettengängen. Weiter geht’s. Jetzt ist auf einmal Party Stimmung im Bus. Die Musik wird aufgedreht und Elena tanzt mit den Brasilianerinnen. Alle singen mit bei aktuellen Charthits. Wir wollen einfach nur schlafen. Achja kurz nach der Grenze kam Elena noch zu uns und belehrte uns, das im Bus Alkoholverbot herrscht.
Weiter geht’s auf der Bundesstraße durch Bulgarien. Die Busfahrer haben gewechselt. Wo der erste noch relativ gesittet gefahren ist, gibt der zweite Alles. Lieber nicht nach vorn schauen. Als ich es doch einmal wage, überholen wir gerade einen Lkw kurz vor einer scharfen Rechtskurve mit Geschwindigkeitsbegrenzung auf 40 km/h! Als wir gerade wieder einscheren wollen kommt ein Lkw entgegen, wild hupend. Wir schaffen es gerade so. Dann lieber doch versuchen zu schlafen. Wir haben zwar jeder 2 Sessel im Bus aber ausstrecken ist nicht drin. Schlimm ist auch noch, dass im hinteren Abteil auch noch geraucht werden darf. Und das nicht zu knapp. Selbst mir ist das unangenehm und verursacht leichten Kopfschmerz. Mehrmals halten wir noch an bis zur türkischen Grenze, die wir dann gegen ein Uhr erreichen. Wie gerädert schälen wir uns aus unseren Sitzen. Elena kommt vorbei und fragt ob wir für sie jeder eine Flasche Raki in die Türkei mitnehmen können. Wir sagen ja mit einem mulmigen Gefühl. Auf bulgarischer Seite geht die Kontrolle diesmal schnell. Zwischen den Ländern können alle nochmal in den duty free Shop oder zur Toilette. Wir wählen letzteres. An der türkischen Grenze müssen wieder alle raus und erstmal ihre Ausweise zeigen. Dann warten wir lange während die Grenzer den Bus durchsuchen. Unser Gepäck müssen wir wieder durchleuchten lassen. Insgesamt dauert die ganze Prozedur wieder eine gute Stunde. Seltsam, dass nur unser Bus kontrolliert wird. Erst die viele Kohle, dann scheinen sich alle zu kennen und dann noch die Sache mit dem Schnaps. Sieht alles nach organisierter Kriminalität aus. Endlich sind wir in der Türkei und jetzt geht es auf gut ausgebauten Autobahnen in Richtung Istanbul. Aber 20 min später ist schon wieder so eine unverständliche Rast und wir werden gefragt ob wir suppe wollen. Natürlich nicht, wir wollen schlafen. Endlich kehrt Ruhe ein. Der Bus ist dunkel der Motor steht die Türen sind zu und kein Geräusch ist zu hören. Herrlich. Ich schlafe auch direkt ein und werde erst kurz vor 5 wieder wach, als wir durch die Vororte von Istanbul rollen. Langsam erwacht auch der Rest des Busses und Elena geht rum und sammelt den Schnaps ein. Im Übrigen müssen es mehrere Kisten sein, denn nicht nur wir haben Schnaps geschmuggelt, alle. Bei einigen sammelt sie auch noch Geldbündel ein. Das wird mir zu konfus, ich will nur noch hier raus.
Kurze Zeit später erreichen wir unseren Zielpunkt mitten in der Altstadt. Wir nehmen unsere Rucksäcke und machen uns auf die Suche nach dem Hotel.  Da wir erst die kommende Nacht gebucht haben, wollen wir fragen, ob es möglich ist, schon eher unser Zimmer zu beziehen. Zum Glück habe ich unser Hotel im Handy gespeichert uns so können wir bequem navigieren. Durch die noch schlafende Stadt. Wir haben ungefähr 1000 m Fußmarsch vor uns. Langsam erwacht die Stadt, die hier manchmal ziemlich gruselig aussieht. Erste kleine LKW kurven durch die engen Gassen. Ein Zeitungsausträger auf einem altersschwachen Motorrad fährt durch die Gegend. Ein fliegender Bäcker baut seinen Bäckerwagen mit frisch duftenden Köstlichkeiten auf.
Auf den ersten Blick erkennen wir unser Hotel gar nicht, eingezwängt zwischen zwei Minilädchen sieht man nur ein Büro mit 2 Tischen. Wir klopfen an und ein äußerst müde aussehender Türke lässt uns herein. Trotz Müdigkeit ist er sehr freundlich und versucht uns zu helfen. Wir bekommen ein anderes Zimmer und müssten evtl. Später nochmal  umziehen. Aber egal. Erstmal unser dringendstes Bedürfnis nach einer heißen Dusche verwirklichen.

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