Tag 3 Auf nach Moskau

Geschrieben von Uwe

Tag 3 Nastya

Die junge Dame heißt Nastya. Sie legt Wert auf das y in ihrem Namen also nicht Nastja sondern Nastia, wie sich später noch herausstellen wird. Valentina sagt, laut Übersetzung von Nastya nicht so nette Sachen auf dem Bahnsteig und schimpft über ihr vieles Kleingeld, welches sie von uns bekommen hat.

Mittlerweile ist es halb zwölf. Unser Zug muss noch zwei Stunden fahren bis nach Minsk. Wir kommen ins Gespräch mit Nastya. Sie kommt eigentlich aus Pinsk, studiert aber in Minsk. Sie war mit ihrer Mutter zum Einkaufen in Warschau. In Brest ist ihre Mutter ausgestiegen und sie fährt allein zum Studium nach Minsk. Sie studiert da Marketing und Öffentlichkeitsarbeit. Nicht gerade unseren idealen Anknüpfungspunkte aber wir kommen trotzdem alle gut miteinander ins Gespräch. Zum Schlafen kommt allein Dennis, der eine Stunde vor Ankunft in Minsk doch noch auf seine Liege geht. Martin unterhält dich gut mit Nastya und so verabreden wir uns alle Mann für den nächsten Tag. Sie muss vorher zur Uni und dann, wenn wir ausgeschlafen haben, wollen wir uns treffen. Als wir in Minsk aus dem Zug steigen kommen auch schon Männer vorbei und bieten ihr Taxi an. Aber Nastya sagt, die sind zu teuer also ruft sie uns sogleich eines per Telefon. Keine zehn Minuten später verabschieden wir uns von ihr und besteigen, mittlerweile als mehrfache Rubelmillionäre, das Taxi. Unser Hotel liegt am Rande des großen Innenstadtringes von Minsk inmitten eines riesigen Wohngebietes. Ringsherum stehen Wohnblöcke, wahrscheinlich aus sozialistischen Hochzeiten. Auch unser Hotel ist so ein spätsozialistischer Prachtbau.

Das Hotel ist komplett und vor sehr kurzer Zeit modernisiert worden. Wir haben ein kleines Apartment mit zwei Schlafzimmern. Die Frage ist schnell geklärt. Der Schnarcher geht ins Einzelzimmer.

Da es schon früh um drei ist, fallen wir nur noch tot in unsere Betten. Nastya ist nicht zu beneiden, wenn sie morgen früh zum Studium muss.

Um zehn klingelt mein Wecker. Etwas irritiert ob der neuen Umgebung wache ich auf. Frühstück bekommen wie bis zum 11. Also heißt es ranhalten. 3 Männer, die alle duschen müssen…. Viertel elf gehen wir frühstücken. Das Essen ist eine Mischung aus typisch russischem und europäischem Frühstück. Spiegelei auf russischen Brot. Dazu Haferschleim und Käse. Der Kaffee kommt aus dem Automaten uns ist überraschend gut.

Wir wissen noch nicht genau, wie wir vom Hotel weg kommen. Gegenüber liegt eine Bushaltestelle. Die Rezeptionistin erklärt, dass man beim Busfahrer bezahlen kann, aber welcher Bus in die Stadt fährt, weiß sie nicht. Wir gehen erstmal rüber. Mit unseren Schulkentnissen der russischen Sprache können wir zumindest das Wort Bahnhof (воксал) entziffern. Der Bus kommt tatsächlich 2 Min später. Es ist ein Oberleitungsbus. Er fährt mit Strom, der über zwei Abnehmer am Heck des Busses aus der Oberleitung eingespeist wird.

Wir zuckeln los. Der Busfahrer hat nur 2 Tickets für uns. Unser kleinster Geldschein ist 100.000 Rubel wert. Ein Ticket kostet 5000,- da kann der Busfahrer nicht rausgeben. Nach einigem hin und her schenkt er uns zwei Tickets, die jeweils 26 Cent gekostet haben. Dummerweise vergessen wir, die Tickets zu lochen und so werden wir ungewollt zu Schwarzfahrern. Aber bis zum Bahnhof geht alles gut und wir werden nicht kontrolliert. Wir sind gleich mit Nastya verabredet zum Stadtrundgang. Wir treffen uns vor dem Bahnhof und sie fragt uns, was wir sehen wollen. Museum oder Stadt. Da wir absolut keinen Plan haben und erstmal einen Überblick bekommen wollen, entscheiden wir uns für die Stadt. Vorher gehen wir noch einen Kaffee trinken und da gerade Mittag ist, gibt’s auch gleich noch eine Pizza. Das Restaurant heißt Garage vom Bekannten Motorradtuner Akrapowic. Überall hängen und Bilder von Bekannten Rennfahrern. Sehr schön. Von da an beginnt ein Fußmarsch von über 15 km, was uns aber noch nicht klar ist. Flinken Schrittes schauen wir uns die verschiedenen Sehenswürdigkeiten an. Nastya legt ein hohes Schritttempo vor, aber da keiner von uns navigieren muss, ist es echt angenehm nur hinterher zu laufen. Die Verständigung klappt prima mit englisch bzw. Dem Google Übersetzer. auf einem riesigen Postamt ersteigern wir für einige Rubel ein paar Postkarten und Briefmarken. Resolut zeigt uns Nastya, wie wir uns verhalten müssen, hilft beim Geld zählen oder schiebt uns auch mal weiter, wenn es schnell gehen muss. Alles im ersten Moment ungewohnt, aber trotzdem perfekt. Nebenbei lernen wir sie auch näher kennen und sie bringt uns auch einige Wörter auf Russisch bei. In Minsk liegen die einzelnen Sehenswürdigkeiten immer sehr weit auseinander, wir müssen also zwischen den einzelnen Stationen viel laufen. Manchmal fahren wir auf einer der beiden u-bahnlinien oder nehmen für einige Haltestellen den Bus. Ein Highlight des Rundgangs ist für mich die Nationalbibliothek. Ein Wahrzeichen der Stadt. Mit einem Panoramaaufzug geht es in die 23 Etage auf eine große Aussichtsplattform. Hier hat man einen guten Blick auf diese gewaltige Metropole. Trotz Embargo der EU boomt es an allen Orten. Überall wird gebaut. Im Panoramarestaurant eine Etage tiefer gönnen wir uns einen Kaffee und einen leckeren Kuchen. Wir haben aber immer noch einiges vor und so ziehen wir bald weiter. Wir fahren zur Altstadt von Minsk, gehen aber erstmal auf die Träneninsel. Sie ist den Frauen und Müttern gewidmet, die im zweiten Weltkrieg ihre Männer und Söhne verloren haben. Rechts neben dem See ist ein riesiger Wohnblock zu sehen. Nastya erklärt, dass hier die teuren Wohnungen von Minsk zu finden sind. Neben Scheichs aus Arabien wohnt auch ein Bekannter russischer Musikstar.

Langsam wird es auch dunkel und merklich kühler. Nastya führt uns in eine Bar, die wir allein wahrscheinlich nie gefunden hätten. Wir machen es uns bequem und genießen unser Bier. Nastya probiert einige Cocktails. Es ist total praktisch und dafür sind wir auch sehr dankbar, dass wir unseren persönlichen Dolmetscher dabei haben. Wir brauchen uns quasi um nichts zu kümmern.

Wir kommen alle ins Gespräch und quatschen über Musik und viele andere Sachen. Ich erzähle von meiner Familie und Martin Geschichten von seinen reisen. Nastya möchte uns auch am nächsten Tag die Stadt zeigen und dieses Angebot nehmen wir natürlich begeistert an. Sie wird wieder vormittags studieren (heute hatte sie verschlafen) und uns um eins treffen. Nastya ruft uns noch ein Taxi und wir bringen sie zur nächsten Metrostation und verabschieden uns. Wenig später liegen wir völlig k.o. In unseren Hotelbetten und schlafen auch schnell ein.