Tag 2: Budapest

Ich werde im Zug von Dresden nach Budapest des nachts immer mal wieder wach. Entweder ist das Bett zu kurz oder zu schmal oder zu kurz. Oder eins der Sicherheitsschlösser an unserer Tür knackt, wenn mein Bettnachbar auf Toilette muss, was mehrmals passiert. Gegen dreiviertel sieben bin ich dann vollends wach und kann von meiner Pritsche den beginnenden Tag, der am Zugfenster vorbeizieht, beobachten. Zum Waschen geht’s über den Flur. Neben der bekannten Zugtoilette, gibt es auch zwei Waschräumchen. Mit einem kleinen runden Waschbecken und Fußbedienung für den Wasserhahn. Sehr eng. Umdrehen kann man sich da drin nicht, geschweige denn umziehen oder so.
Wieder zurück im Abteil döse ich noch ein bisschen auf meinem Bett. So langsam werden auch meine Mitreisenden wach und schälen sich aus ihren Kojen. Irgendwann kommt der Schaffner vorbei und verteilt Frühstück, ein kleines Schoko Croissant und einen Orangensaft. Martin hat noch Gehacktes im Glas und trockene Brötchen, so können wir auch noch was Herzhaftes genießen.
Gegen 10 erreichen wir den Bahnhof von Budapest Keleti. Ein imposantes Bauwerk. Schnell sind die Schließfächer für unsere Rucksäcke gefunden und die ersten Forint vom Automaten gezogen.
Erleichtert um unsere schweren Rucksäcke laufen wir erst einmal durch das Bahnhofsviertel. Riesige Gründerzeithäuser teilweise saniert, manchmal auch kohlrabenschwarz mit schönen Eisenbalkonen säumen die Straßen. Hauptstädtischer Verkehr ist überall. Schöne alte Straßenbahnen und Ikarus Busse wechseln sich mit modernen Fortbewegungsmitteln ab. Auch Trabbis und Wartburg sieht man noch hier und da. Gemächlich laufen wir in Richtung Donau und beschließen einige Haltestellen mit dem Bus zurückzulegen. Gesagt getan. Wie üblich steigen wir beim Fahrer ein nur der ist von seinen Fahrgästen durch eine dicke Scheibe getrennt. Keine Chance auf Kommunikation. Aber an der Scheibe hängt eine kleiner roter Kasten, der aussieht, wie eine Sparbüchse, oben mit einem Schlitz für Kleingeld. Da der Bus schon wieder anfährt und wir nicht als Schwarzfahrer entlarvt werden wollen, machen wir wahrscheinlich das dümmste, was uns einfällt und stecken eine 200 Forint (70 Cent) Münze in den Schlitz. Diese verschwindet auch. Aber die nächste Münze passt nicht rein, auch mit leichter Gewalt nicht. Auf einmal wird uns klar, wo wir hier unser Geld einwerfen es ist ein Entwertungsautomat, in den man einen Fahrschein schiebt, der dann gelocht wird. Peinlich. Nun fahren wir doch 3 Haltestellen schwarz. Bis jetzt hat niemand unsere Sabotage bemerkt. Erleichtert steigen wir an der Donau aus. Im vorbeifahrenden Bus sehen wir noch eine Frau die verzweifelt versucht, ihren Fahrschein im manipulierten Entwerter zu lochen. Jetzt können auch wir darüber lachen.
In der Nähe einer großen schönen Donaubrücke spricht uns ein Südeuropäer an, ob wir nicht Tickets für einen Hop on Hop off Bus kaufen wollen. 5 Min, einige Überredungsversuche und Gegenfragen später sind wir im Besitz dreier, 48h geltender Stadtrundfahrttickets inklusive Gutscheinheft für diverse Köstlichkeiten und der gute Mann 75€ reicher.
Wir wollen gleich den ersten Bus nehmen, doch leider wollen das zu dieser Tageszeit, es ist kurz nach 11, viele Touristen und so müssen wir uns ein bisschen gedulden. Irgendwann bekommen wir noch 3 Plätze in einem alten Ikarus mit abgeschnittenem Dach. Holpernd geht es zu diversen Sehenswürdigkeiten auf der anderen Donauseite. Viel bekommen wir noch nicht mit, denn die ausgeteilten Kopfhörer funktionieren noch nicht so richtig. Wir fahren nun an der Stefanskirche vorbei und werfen einen Blick auf hohe Gebäude und die schöne Basilika.  Weiter geht die Fahrt entlang der Donau. Als nächstes geht es auf den Gellertberg zur Freiheitstatue, die über die ganze Stadt wacht und an deren Füßen sich die Zitadelle befindet. Der Bus legt hier eine Pause ein und wir verlassen ihn. Hop off.
Hier hat man einen tollen Ausblick über die Stadt, die liebe Sonne meint es gut mit uns und so ist auch die Sicht gut. Es landen einige Fotos im Kameragehäuse. Wir beschließen, nicht wieder in den Bus zu steigen sondern den Abstieg des Gellertberges zu Fuß auf uns zu nehmen. Auf schmalen Wegen geht es, manchmal ganz schön abenteuerlich, zurück in die Stadt. Unten angekommen überqueren wir die riesige Stahlhängebrücke. Ein imposanter Bau, sind hier doch armdicke Stahlseile verbaut und hunderttausende von Nieten halten die Brücke zusammen. Auf der anderen Seite wollen wir unsere gratis Gulaschsuppe aus unserem umfangreichen Gutscheinheft kosten. Wir machen uns auf die Suche nach der Kneipe, finden aber nur einen Bürokomplex, in dessen Hinterhof an einer Wand eine schöne Kneipensilhouette allerdings mit einer verschlossenen Tür. Ich bin gespannt, wieviel wir von dem umfangreichen Gutscheinheft tatsächlich nutzen werden. Jedenfalls suchen wir uns eine richtige Kneipe in der Fußgängerzone und essen eine feine Gulaschsuppe im Brot Topf serviert. Da ist die Suppe quasi in der Beilage mit drin. Lecker, gut und preiswert. So gestärkt machen wir uns auf, das nächste Highlight abzuhaken, eine Dampferrundfahrt auf der Donau. Vorbei geht es an vielen Sehenswürdigkeiten wie dem Parlament. Leider ist die deutsche Stimme aus dem Lautsprecher so leise, dass ich mich arg konzentrieren muss, um überhaupt etwas zu verstehen. So lässt die Konzentration nach und ich genieße eher die Aussicht, die Sonne und ein Bier.
Mit dem Hop on Bus fahren anschließend weitere Stationen ab, bis wir wieder am Hbf. ankommen. Nun wird es langsam Zeit, unser Quartier zu suchen. Wir holen unsere Rucksäcke und finden auch schnell die richtige Straße und die Hausnummer. Das Haus ist mit einer modernen Wechselsprechanlage mit Code gesichert. Keine Chance hinein zukommen und nirgendwo ein Hinweis auf unsere Pension. Zum Glück kommt eine junge Frau mit Hund und nimmt uns mit in den Innenhof. Es ist ein Schönes Mietshaus aus dem vorletzten Jhd. Mit einem Lichthof von dem die einzelnen Wohnungstüren abgehen. Wir drücken uns eine Weile im Eingangsbereich herum, finden aber keine Hinweise. Wir gehen eine Etage höher, finden aber immer noch nichts. Irgendwann hören wir Stimmen und tatsächlich aus dem 2 stock ruft jemand nach uns.
Das Pärchen musste eine geschlagene Stunde auf uns warten, freuen sich aber uns zu sehen. Unser Apartment entpuppt dich als riesige 2Raumwhg, die wahrscheinlich von Ikea kompl.  Ausgestattet wurde. Sieht sehr gemütlich aus und viel Platz. Diese Wohnung ist ein echter Geheimtipp für Budapest-Reisende und kostet 45 € pro Nacht.
Nach dem auspacken suchen wir uns eine schöne Gaststätte zum Abendessen. Martin hat einen Geheimtipp aus seinem Reiseführer. Das Menza. Ein Lokal direkt im Szeneviertel von Budapest. Vergleichbar mit Leipzig Connewitz oder der Dresdner Neustadt.
Nach dem Essen suchen wir einen weiteren Geheimtipp auf. In einer Art Abbruchhaus ist ein riesiger Hinterhof mit skurrilen Möbeln und verrückten Gestaltungselementen. Aus einem Trabbi ist ein Sofa geworden. Bunte Blumen hängen überall und viele verschiedene Bars gibt es. Alles toll aber brechend voll mit Menschen unterschiedlichster Herkunft. Irgendwann finden wir eine gemütliche Ecke und genießen ein Absackerbierchen. Der Typ vom Nachbartisch stellt sich mir vor als Peter aus London. Er ist Banker bei der deutschen Bank, kann aber kein Wort Deutsch. Er bietet mir seine Elektrozigarette an und ich lehne dankend ab.
Wenig später lassen wir uns vom Taxi in unsere Wohnung bringen. Dummerweise reichen unsere Forint nicht mehr, den guten Mann zu bezahlen. Also müssen wir alles in Euro umrechnen. Der Taxifahrer ist aber nicht böse, im Gegenteil…
Schnell geht’s dann ins Bett.

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