Warnemünde-Leipzig-Donnerstag

Donnerstag

England ist ausgeschieden. Trotzdem konnte ich diese Nacht gut schlafen. Es regnet nicht mehr und vor unserem Zimmer wird der Wochenmarkt aufgebaut. Dennoch schlafe ich gemütlich bis kurz nach sieben. Wie es aussieht hat die Pension nur 2 Zimmer. Frühstück gibt es direkt vorm Zimmer. Ich kann direkt in Socken frühstücken gehen. Unsere Nachbarn sind auch Radwanderer die Eltern haben aber genug mit ihrem Kind zu tun. So kommen wir nicht ins Gespräch. Müssen wir auch nicht. 

Die Radlersachen sind halbwegs getrocknet ein bisschen müssen wir noch mit Fön nachhelfen. 

Los gehts wieder. Die richtige Position im Sattel finden, dass es dem Popo gut geht und reintreten. Ziemlich zügig ig spulen wir die ersten km bis zur nächsten Elbfähre Grieben Ferchland ab. Während der kurzen Überfahrt kommen wir mit ein paar Radfahrern aus der Gegend ins Gespräch. Sie sind von Cuxhaven gekommen und fahren nach Hausenaxh Aken, auch an der Elbe. Damit haben sie ihren Elberadweg komplettiert. Für uns endet der gut ausgebaute und reichlich beschilderte Elberadweg in Ferchland und wir fahren weiter auf der Landstraße. Von nun an geht es erstmal über Landstraßen in Richtung Genthin. Der Wind meint es zwar gut mit uns, trotzdem stecken uns 250 km in den müden Knochen. Aber wir halten einen guten Schnitt von 23 km/h für die nächsten 10 km. Genthin ist, zumindest aus unserer Sicht und ohne der Stadt unrecht zu tun, nicht das touristische Highlight. Wir heben kurz Geld ab und und verspeisen unsere mitgebrachten Frühstücksbrötchen.  Auch nach Genthin erwartet uns wieder grauer Asphalt auf der Landstraße. Kleine eingeschlafene Dörfchen passieren wir. Ich denke, hier ist nicht mehr viel los. Bekannt ist ja, das alle in der Stadt wohnen wollen und niemand auf dem Land. Ich denke, das trifft auch hier zu. Wenn man mal Leute trifft, sind es eher ältere Semester, die ihren Gartenzaun streichen oder ihre Blumen im Vorgarten gegen und pflegen. Weiter gehts. Eigentlich auf dem offiziellen Telegrafenradweg,  nur leider immer noch entlang der Landstraße. Kein Radweg in Sicht. In Ziesar, mir nur bekannt aus dem Verkehrsfunk, liegt in der Nähe der A2. Wir verbinden mit Ziesar nur schmerzende Popo Backen. Das allseits beliebte Kopfsteinpflaster erfreut sich auch hier größter Beliebtheit. Wir holpern uns durch die die Stadt. Gut 50 km haben wir auf dem Tacho stehen. Und es ist gerade um kurz nach eins. Wir haben schon gut Strecke gemacht heute. Eine alte Backsteinkirche landet im Kasten und wir wollen uns was zu essen suchen. Wir sind aber noch uneins, was es werden soll. Kleine Bockwurst oder doch was größeres? Für Picknick ist heute kein Wetter. Schließlich landen wir in ‚Holgers Grillstübchen‘ und sind mit zwei Bauernfrühstück mehr als zufrieden.  Wir lassen uns Zeit und gönnen die Ruhe unseren Popos. Viel liegt heute nicht mehr vor uns. Auch die Wetterprognosen haben sich größtenteils erfüllt und wir sind um den großen Regen, wie gestern Abend drum rum gekommen. 

Da wir kurzfristig umgebucht haben, sollte heute schon nach gut 70 km Schluss sein. Wir wollen in die ‚alte Hölle‘, ein Waldhotel in der Nähe von Wiesenburg. Jetzt kommen wir auf dem  ‚historische Stadtkerne Radweg‘auch endlich mal auf Radwege, die den Namen verdienen. Auf einer ehemaligen Eisenbahnlinie geht es glatt geteert zügig durch die Mark Brandenburg.  Wir sehen einen ehemaligen Bahnhof, hübsch umfunktioniert zum Wohnhaus mit Garten. Vorbei an einer alten Russenkaserne , die schon bessere Tage gesehen hat. Wir fahren am Stacheldraht entlang und entdecken das alte Tor. Drinnen Ruinen, von denen die Gelbe Farbe abbröckelt. Nach einer Weile kommt ein Auto aus dem Gelände. Ein Typ mit schwäbischen  Akzent quatscht uns an. Wo wir herkommen , was wir machen. Auf unsere Gegenfragen antwortet er nur ausweichend. Nicht das hier irgendwo osteuropäische Frauen gefangen halten werden. 

Wir Düsen weiter. Je näher wir dem Ziel kommen, desto schwerer wollen die Füße reintreten, desto öfter geht der Blick zum tach mit den gefahrenen Kiometern. Da wir heute ein Ausweichziel ansteuern, steht das auch nicht in unserem na vi drin. Wir verlassen uns auf Google und müssen die letzten 2 km durch den Wald radeln. Auf dem Weg zur alten Hölle, müssen wir durch die grüne Hölle. Hier hat es den ganzen Tag wie aus Eimern geschüttet. Feuchte SandSchlammwege sind zu absolvieren schwer kämpfen wir uns durch Gestrüpp und Unterholz.    landen wir doch in der richtigen Hölle. Alles sieht aus wie ein FDGB Heim von vor 30 Jahren. Hier ist die Zeit stehen geblieben. Wir dürfen aber unsere Räder abspülen und bekommen ein schönes Zimmer und mit Blick auf den Wald. Auch hier hängt der DDR- Mief noch nach. Gardinen, Decken, die Heizkörper….  aber alles ist einigermaßen sauber und so stören wir uns nicht daran. Wie es aussieht, sind wir die einzigen Gäste. Beim Plaudern meint die Wirtin, das in den Ferien nicht viel los ist. Mehr Leute kommen an Wochenenden. Morgen ist die Bude wieder voll. Zur Anlage gehört auch ein Pool. Wen wunderts, auch aus DDR Zeiten. Hierher dürften bestimmt nur die besten fahren. Das Wasser sieht sauber aus. Morgen früh werde ich mal rein springen. 

Abendessen gibt es in Haupthaus. Uns empfängt ein kräftiger älterer Mann. Der Hausherr. Er freut sich über Gäste. Wir lesen die Karte und staunen. Deine Gerichte stehen drin. Wir entscheiden uns für das Kaninchen mit Klößen und Rotkraut. Ich bin gespannt, was das wird, wir sind die einzigen Gäste und die Küche war den ganzen Tag kalt. Aber wir werden echt angenehm überrascht. Das Kaninchen lecker, das Rotkraut perfekt und die Klöße selbst gemacht und Handgeformt. 

Zwischendurch kommt der Wirt noch ins plaudern und erzählt uns, wo er den Hasen herbekommt. Und er erzählt uns Geschichten aus seiner Vergangenheit. Er ist immer rumgereist und war Moderator der Disco Queen, einer Misswahl in den 80ern die in jeder Disco stattgefunden hat. Spannende Geschichten aus einer Zeit, als wir uns noch nicht mit Frauen und Alkohol auskannten. So vergeht der Abend kurzweilig. Weil wir seiner Frau noch ihr nagelneues Navi einstellen können, spendiert er uns noch einen Verdauer. So können wir schnell und gut einschlafen. Noch schneller als sonst.