Schön durch geschlafen. Von meinem Wecker werden die anderen eher wach als ich. Martin hat Probleme mit dem Königsberger Straßenlärm. Wir bekommen ein typisch russisches Frühstück, ein schleimiges, weißes und warmes Etwas, das entfernt an über Nacht gequollene Haferflocken erinnert, aufgetischt. Dazu gibt es Butter, Käse und Weißbrot. Das russische Mütterchen, dass ganz schön Haare auf den Zähnen hat und uns das Frühstück serviert, guckte nicht gerade freundlich über unsere Kaffeeanfrage und ob es denn Kalbasa (Wurst) gibt. Auf die Spitze treibe ich es, als ich für jeden die gleichen Spiegeleier bestelle, wie unser Nachbartisch. Am Ende passt aber alles und fast jeder verputzt artig seinen Haferschleim. Sollte es heute regnen, wissen wir, dass es an Dennis liegt.
Anschließend begutachten wir Martins Motorrad bei Licht und nüchtern. Leider ist doch mehr kaputt, als die in der Nacht festgestellten Schäden. Das Lenkerschloss ist verbogen. Allerdings deutet die Richtung, in der es verbogen ist, nicht auf den Sturz hin, sondern auf Fremdeinwirkung. Irgendeiner hat versucht, das Motorrad zu klauen, das steht nun fest. Aber wie weiter? Nach einigem Probieren können wir das Lenkerschloss wenigstens lösen. Nun die Frage: Polizei rufen? Ein kurzer Anruf bei Martins Versicherungsvertreter brachte Klarheit. Ja wir müssen. Zunächst müssen wir aber die Damen an der Rezeption überzeugen, die Polizei zu rufen. Sie sind der Meinung, dass Motorrad sei vom Sturm umgefallen. Die Polizei kommt tatsächlich nach einer Stunde Wartezeit. Zunächst erklären wir am Motorrad, was das Problem ist. Dann stellen Sie uns viele Fragen, die wir dank Google einigermaßen übersetzen können. Auch unsere Antworten und Fragen sind so für die Polizisten erkenntlich.Es lebe das Internet.
Die groß gewachsene Chefin der Polizisten im knackigen Minirock und Pumps mit dem immer strengen Gesicht, fragt uns immer wieder neue Sachen. Zwischenzeitlich tummeln sich einige Polizisten auf dem Parkplatz. Wir sitzen insgesamt 2 h in der Lobby, dann wird noch eine Dolmetscherin hinzugezogen, die die Dokumente für uns übersetzte. Endlich können wir uns umziehen und packen. Martin muss noch kurz mit zum Revier, aber das dauerte nicht allzu lang. Halb drei nachmittags starten wir endlich. Unsere geplante route müssen wir nun konsequent zusammen streichen. so fahren wir auf schnurgeraden Ausfallstraßen immer genau strich 70 und kommen aus dem Gähnen nicht mehr heraus. Schließlich entschließen wir uns doch, kleinere Straßen zu nehmen und dafür auch etwas später anzukommen. Die Ausreise aus Russland gestaltet sich relativ problemlos, aber 1 h dauert es auch, bis wir alle Stempel haben. Nun wollen wir nur noch zum Campingplatz. Martin ruft schon mal an und bestellt den Grill für den Abend. Wir besorgen noch Würstchen und der Abend ist gerettet.
Der Chef des Campingplatzes mitten in den polnischen Masuren, ein freundlicher alter Pole der gut deutsch sprach, heißt Bartek und ist ein sehr netter Gastgeber. Schnell entscheiden wir uns, die Zelte im Koffer zu lassen und nehmen dafür die kleinen Schlafnischen. Eine sehr gute Entscheidung. Kurze Zeit später sitzen wir am Lagerfeuer mit schwebendem Rost und genießen die Atmosphäre. Die Würstchen sind köstlich. Mit Bartek und seinen anderen Gästen sitzen wir bis spät in die Nacht am Feuer und sprechen über Gott und die Welt und die Natur. Bartek kann sehr gute Geschichten erzählen. Früh am Morgen schließen sich meine Äugelein und allein das Summen der Mücken war noch zu hören.

