Tag 5 Auf nach Moskau

Tag 5 Moskau ist ne Wahnsinns Halli Galli Stadt

Die Nacht im russischen Zug ist kurz. Gleich nach dem Einschlafen kommt die Matroschka und weckt uns. Aber mir geht es deutlich besser, als meinen Kameraden. Loscha hatte großen Durst und irgendwann kamen die Gespräche auch auf Wodka zu sprechen, als ich schon eine Weile schlief. Und vom Reden wird man durstig…

Hektisch fangen wir an, unsere Sachen zu packen. Einen kleinen Kater habe ich natürlich auch. Nur Loscha bleibt bis zur Ankunft liegen. Erst als der Zug steht, springt er munter von seiner Koje, schnappt sich seine sieben Sachen und verabschiedet sich knapp von uns. Wir brauchen noch eine Weile und der Zug ruckt schon kurz wieder an. Eine aufgeregte Schaffnerin bittet uns auf Russisch, aber unmissverständlich nun endlich den Zug zu verlassen. Was wir dann auch tun.

Die kalte Moskauer Lust bläst uns ins Gesicht. Während wir zum Ausgang laufen, rollt der Zug davon.

Im Moment sind wir noch etwas orientierungslos. Durch den Bahnhof und über den Platz davor strömen Menschen. Es ist halt 6 Uhr morgens und Berufsverkehr. In einem kleinen Kartoffelimbiss frühstücken wir erstmal herzhaft. Wir sitzen hier eine Weile und werden erst langsam wach. Wir überlegen, wie wir zum Hotel kommen. Zu Fuß wären die 5 km zu weit. Dennis schlägt das Taxi vor aber ich meine das U-Bahn besser ist. Im Reiseführer stand einiges über den Verkehr in Moskau und die damit verbundenen Staus. Wir einigen uns auf U-Bahn. In meiner Handy App ist an dieser Stelle nur eine U-Bahn Linie aufgeführt also ab in den Keller. Wir sind trotzdem etwas orientierungslos und offensichtlich gibt es auch mehrere Linien an dieser Stelle. Wir fahren auf der Ringlinie erstmal in die falsche Richtung und steigen wieder aus. Es war vielleicht doch etwas blauäugig und es kommen mir schon Zweifel, ob Taxi vielleicht dich die bessere Alternative gewesen wäre, aber beim Zweiten Mal klappt es und wir kommen zumindest in Fußweite des Hotels. Den letzten Kilometer erlaufen wir dann und genießen schon mal den Moskauer Verkehr auf einer achtspurigen Ausfallstraße. Unser Hotel liegt auch hier irgendwo, hoffentlich wird es da nicht zu laut. Gegen neun kommen wir endlich an. Nicht viel weiter sieht man schon das große Tor zum roten Platz. Unser Hotel liegt im vierten Stock einer Seitenstraße. Ohne Fahrstuhl geht es in einem engen Treppenhaus 80 Stufen in die Höhe. Oben angekommen stehen wir plötzlich an einer kleinen Rezeption. Unser Zimmer ist noch nicht frei und wird leider erst gegen Mittag frei. Wir können aber wenigstens unsere Rucksäcke stehen lassen. Der Rezeptionist schlägt uns vor, unser Zimmer bei booking zu stornieren und er macht uns einen besseren Preis. Etwas skeptisch nehmen wir das Angebot an. Es ist fast 30€ günstiger. Etwas mulmig ist es schon als wir auf dem Handy das Zimmer stornieren.

Wir machen uns ohne Gepäck wieder auf den weg. Gleich nebenan ist das Hotel Ritz Carlton. Edle Nobelkarossen mit dem deutschen Stern stehen als Werbung vorm Hotel und gleich danach ist die Unterführung zum roten Platz. Besser kann ein preiswertes Hotel wie unseres nicht liegen. Da hat Dennis wirklich das Beste rausgesucht. Ich gehe das erste Mal in meinem Leben über den roten Platz und bin einfach nur begeistert. Das was ich wirklich nur aus dem Fernsehen oder von früheren Erzählungen meines Russischlehrers, Hr. Kühnel kenne, haut mich glatt um. Rechts die hohe Kremlmauer, davor das Leninmausoleum, am Ende die Basilius Kathedrale und links das riesige Kaufhaus GUM. Das Wetter passt auch perfekt dazu, strahlender Sonnenschein, nur ziemlich kalt. Dutzende Fotos landen in den Kameras. Wir gehen weiter. Es sind noch nicht viele unterwegs, aber es auch erst halb zehn. Wir laufen ein Stück weiter zur Moskwa die unter uns träge dahin fließt. Auf der Brücke hier wurde im vergangenen Winter der Oppositionspolitiker Boris Nemzow erschossen. An der Stelle sind heute noch viele frische Blumen und Fotos zu sehen. Die Diskussionen um sondern Tod sind ja auch nicht beendet.

Wir wenden uns wieder dem roten Platz zu und besichtigen das Mausoleum. Vor dem Eingang hat sich schon eine kleine Schlange gebildet. Es geht zügig vorwärts. Als ich die strenge Sicherheitskontrolle passiert habe geht es an der Kremlmauer entlang vorbei an einigen Gräbern. Rosa Luxemburg liegt hier begraben die ganz in der Nähe von Mittweida geboren wurde, wie Martin zu berichten weiß. Überall stehen Polizisten und Rotarmisten und drängen uns zum weiter gehen. Nur nicht stehen bleiben. Als wir in das Mausoleum treten, ist auf einmal Ruhe. Sofort gibt ein Rotgardist einem zu verstehen, die Mütze abzusetzen und die Hände aus der Tasche zu nehmen. Es ist nicht so, dass wir das aus Respekt nicht sowieso getan hätten, der Rotgardist ist einfach schneller auch das Gemurmel wird durch deutliche Zeichen unterbunden. Langsam, aber nicht zu langsam laufen wir durch das spärlich beleuchtete Mausoleum. Alte drei Meter ein Soldat. Im Abstand von zwei Metern geht es um den gläsernen Sarg herum, indem der kleine Mann liegt, friedlich mit zusammen gefalteten Händen. So richtig menschlich wirkt er nicht mehr, eher wie eine Wachsfigur.

Schnell sind wir wieder draußen und vorbei geht es an weiteren Gräbern und Statuen großer russischer Führer. Auf Stalins Grab liegen die meisten Nelken. Schnell stehen wir wieder auf dem roten Platz. Die ganze Prozedur hat keine 15 Minuten gedauert. Mittlerweile ist vielleicht unser Zimmer fertig und so laufen wir die 5 Minuten zurück zum Hotel. Ein neuer Kollege sitzt am Empfang. Aber mit unserem neuen Preis geht alles klar. Einzig unser Zimmer ist noch nicht fertig. Noch eine Stunde. Neben dem Hotel ist gleich ein Musikclub. Wir gehen hinein und sind verdutzt, das wir unsere Jacken an der Garderobe abgeben müssen. Im Inneren steht eine große Bar und überall ist schummriges Licht. Wir bestellen etwas zu essen. Ausgezeichnet schmeckt es. Die Bar und alles drum herum wirken aber nicht gerade typisch russisch und so werden wir vorerst nicht wieder hier aufschlagen.

Endlich können wir ins Zimmer. Es ist ausreichend für uns drei und das Fenster geht zum Hof. Der befürchtete Verkehr ist nicht zu hören.

Nach einem ausgiebigen Mittagsschlaf machen wir uns vor der beliebten blauen Stunde auf dem Weg. Zurück zu der Brücke über die Moskwa. Einige tolle Aufnahmen landen im Kasten auch von der breiten Straße unter uns. Wir laufen weiter weg vom roten Platz und raus aus der unmittelbaren Innenstadt. Wir kommen in eine Art Vergnügungsviertel. Mit Kneipen, Bars und schmierigen Hinterhofclubs. Wir landen in einem großen SB Restaurant. Ähnlich wie Marché in Deutschland. Anschließend gehen wir noch in den Pub auf der anderen Straßenseite. Als wir so an der Bar stehen, fallen uns die nett aussehenden Bedienungen auf, die überall herum wuseln. Wir bekommen wenig später einen Tisch und machen es uns gemütlich. Plötzlich steht eine junger Russin vor unserem Tisch und quatscht uns auf Englisch an. Sie steckt in einem hautengen Lederkostüm und ist mit Schnapsgläsern und einer Flasche Tequila bewaffnet und bietet uns zum Sonderpreis den Schnaps an. Wir schlagen zu, obwohl es nicht das typische russische Getränk ist. Auch die nächsten drei Male, als das Schnapstaxi (Danke Dennis) an unseren Platz kommt, sind wir dabei. Dennis und Martin sind noch nicht ganz wohlauf und trinken unter Protest. Irgendwann treten noch leicht bekleidete Tänzerinnen auf, die für mehrere Hits in der Kneipe tanzen. Auch das wird heute noch öfter geschehen. Wir lassen es uns gut gehen und feiern. Zwischendurch gibt es auch noch ein Gewinnspiel, die flotte Moderatorin lässt erst von uns an, als sie merkt, dass wir kein Wort verstehen. Es handelt sich um ein Ratequizz. Die Spieler müssen irgendwelche Fragen beantworten und bekommen einen Pizzagutschein als Belohnung. Beim zweiten Mal wird Martin, mit meiner Hilfe, aufgefordert mitzumachen. Alle Mitspieler müssen diverse Selfies mit ihren Handys schießen mit der Kellnerin mit den Tänzerinnen, mit Bier in der Hand…! Auch er darf ins Glas greifen und gewinnt einen Pizzagutschein.

Der Abend macht so richtig Spaß. Dafür, dass wir einen ruhigen Abend machen wollten, ist es aber ganz schön wild. Mit dem Taxi geht es nach Mitternacht wieder ins Hotel.