Da wir heute recht früh dran sind – es ist erst kurz vor Mittag – können wir die Zimmer natürlich noch nicht beziehen. Die junge Frau am Empfang des Hostels ist entsprechend unfreundlich. Da die Kommunikation (unser Englisch ist eher grottig) etwas holprig verläuft, reden wir wohl auch ein bisschen aneinander vorbei. Am Ende dürfen wir aber unser Gepäck einschließen und machen uns wieder auf den Weg, die Stadt zu erkunden.
Bis zu unserer Stadtführung bleibt noch etwas Zeit. Wir beschließen, einen Happen zu essen – natürlich muss es kalorientechnisch passen. Beim Bäcker gleich neben dem bekannten Dolac-Markt werden wir fündig. Wir teilen uns ein Baguettebrötchen. Dennis versichert mir, dass es ihm reicht, und so bin ich zufrieden. Danach schlendern wir weiter durch die Stadt. Ein paar Hotspots habe ich vorher schon herausgesucht, die wollen wir uns natürlich anschauen. Wir laufen die Kneipenmeile in Zagreb entlang und gönnen uns einen Kaffee. Verrückt – vor einem Jahr wäre hier bestimmt ein Bierchen drin gewesen. Aber keine Sorge, das kommt sicher noch. Alles zu seiner Zeit.
Wir entdecken die Zagreber Standseilbahn – eine der kürzesten der Welt. Nur 66 Meter lang, dafür mit über 100 Prozent Steigung. Wir wissen schon, dass sie gerade saniert wird – wie so vieles in Zagreb – und deshalb geschlossen ist. Man kann aber die Treppen daneben hochsteigen und hat einen tollen Blick auf die Bahn. Keine hundert Meter weiter stoßen wir auf eine kleine, gemütliche Kneipe mit wunderschöner Aussicht über die Stadt. Kurzerhand beschließen wir, es uns dort eine Weile gemütlich zu machen. Es ist wirklich einladend: nette Leute, nettes Bier, entspannte Stimmung. Wir bestellen ein Indian Pale Ale – fruchtig, frisch und richtig lecker. Wir genießen die Zeit, lassen die Seele baumeln, plaudern über alte Zeiten. Und ja, wir vermissen unseren dritten Mann, Martin, schon ein bisschen.
Irgendwann brechen wir auf zu unserer Stadtführung mit Rikard. Treffpunkt ist der Hauptplatz von Zagreb, direkt vor der Touristeninformation. Es klappt alles problemlos. Rikard ist sogar pünktlich, obwohl ich im Vorfeld ein paar Bedenken hatte, weil wir keine Bestätigungsmail bekommen haben. Aber alles läuft bestens. Rikard begrüßt uns in sehr gutem Deutsch und erzählt kurz von seinem Leben: Er hat lange in Deutschland gelebt, war als Jugendlicher dort und hat später in Kroatien promoviert. Denis und ich schauen uns an – ob das wohl nicht zu anspruchsvoll für uns wird? Wir sind gespannt.
Rikard beeindruckt sofort mit seinem Wissen: Jahreszahlen, Namen, Anekdoten – so viele, dass wir uns gar nicht alles merken können. Wir folgen ihm tapfer durch die Stadt, hören aufmerksam zu und bringen uns immer wieder ein. Auch wenn wir am Ende wohl keine Wissensprüfung bestehen würden, ist die Führung unglaublich informativ. Rikard erzählt mit Begeisterung von der Geschichte Zagrebs, von bedeutenden Persönlichkeiten und kleinen Geschichten am Rande. Kurz gesagt: Es ist eine richtig schöne Tour.
Drei Stunden lang führt uns Rikard durch Zagrebs Straßen, zeigt uns prachtvolle Häuser, Kirchen und versteckte Ecken. Am Ende sind wir ganz schön platt, aber auch glücklich. Beim Abschied gibt uns Rikard noch ein paar Kneipentipps, die wir natürlich sofort ausprobieren wollen. Leider ist die empfohlene Bar brechend voll und komplett ausgebucht – kein Platz mehr für uns. Also suchen wir uns etwas anderes für den Abend. Bevor wir losziehen, reservieren wir aber gleich schon mal einen Tisch für den nächsten Abend.







+++ update 14.10.+++
Heute machen wir uns auf, Novi Zagreb zu entdecken. Bevor es losgeht, lassen wir uns das Frühstück im Hostel schmecken. Hosteltypisch steht uns eine große Gemeinschaftsküche zur Verfügung, in der jeder, der etwas benutzt, es hinterher auch wieder sauber macht – ganz wie in den Teeküchen vieler Arbeitsplätze zu Hause. Entsprechend ist auch das Geschirr und Besteck. Das leicht lasche Toastbrot schmeckt getoastet gleich doppelt so gut. Ich gönne mir noch etwas Joghurt, und der Kaffee ist – na ja – okay, aber vor allem: wichtig.
In der Küche sitzen wir mit internationalem Publikum zusammen. So früh am Morgen entstehen aber kaum Gespräche, die über ein höfliches „Where are you from?“ hinausgehen. Uns ist das recht, und wir mümmeln zufrieden an unseren Broten.
Bevor wir uns auf den Weg machen, wollen wir noch kurz zum Dolac – dem urigen Markt, den uns Rikard gestern gezeigt hat. Dort soll es tolle Sachen geben. Unter dem eigentlichen Markt, auf dem vor allem Obst und Gemüse verkauft werden, befindet sich die Fleischhalle. Es gibt dort alles: verschiedenste Sorten Fleisch, Käse, Brot und Schinken – einfach alles, was das Herz begehrt. Ein gefährliches Schlemmerparadies. Fotografiert wird dort allerdings niemand gern, und nachdem uns ein paar Schnappschüsse gelungen sind, werden wir freundlich, aber bestimmt ermahnt, das Handy wegzustecken. Verständlich.
Für unsere morgige Zugfahrt beschließen wir, ein bisschen Proviant zu besorgen. Dank der EU stehen auch hier in Zagreb – wie später in Budapest – auf jedem noch so kleinen Lebensmittel alle wichtigen Angaben. Neben Schinken und Salami landet auch ein Stück Käse im Körbchen. Oben auf dem Markt decken wir unseren Gemüsebedarf mit Paprika und Kohlrabi. Auch ein kleines Gläschen Honig wandert als Souvenir in meinen Rucksack.
So bepackt schlendern wir noch in die Fischhalle. Auch hier erwartet uns ein riesiges Angebot an frischem Fisch – mit Sorten, die wir zum Teil noch nie gesehen haben.






Nach all den kulinarischen Eindrücken und Gerüchen zieht es uns weiter auf unsere kleine, selbst geplante Stadtrundfahrt. Unser Plan: mit der Straßenbahn nach Novi Zagreb fahren und dort einen Spaziergang machen. Das Wetter ist so schön, dass wir den Museumsbesuch kurzerhand ausfallen lassen.
Gemächlich holpert die Straßenbahn durch die Stadt, immer weiter in Richtung Süden. Die Straßen werden breiter, und wir fühlen uns ein bisschen an die alten Prachtstraßen in Moskau, Bukarest oder auch in Chemnitz erinnert – breite Alleen, viel Wiese, großzügig angelegt. Auch die Häuser werden größer, aber leider nicht immer schöner. Viele sind in die Jahre gekommen, doch hin und wieder entdecken wir auch gut sanierte Plattenbauten aus der Zeit vor 1989 – charmante Relikte vergangener Jahrzehnte.
Unser Spaziergang führt uns durch den Bundek-Park, das Naherholungsgebiet im Süden Zagrebs. Die Jahreszeit ist allerdings schon weit fortgeschritten, und so hat nur noch ein einziges Café geöffnet – dabei ist das Wetter eigentlich traumhaft. Ich gönne mir einen leckeren Americano, Dennis entscheidet sich für ein Bier. Wir genießen die warme Oktobersonne und lassen unsere Gedanken schweifen. Schön finde ich, dass es – wie so oft in südlichen Ländern – auch hier in Zagreb zu jedem Getränk automatisch ein Glas Wasser dazu gibt. Eine kleine Geste, die mir immer wieder gefällt.
Nach dem üppigen Mittagessen in einer gemütlichen Kneipe und bei dem herrlichen Wetter beschließen wir, den Rückweg zu Fuß anzutreten – einmal quer durchs Neubaugebiet, bitte. Wir überqueren die Save, diesmal zu Fuß. Der Weg zieht sich ganz schön, und am Ende des Tages zeigt der Schrittzähler wieder über 20 000 Schritte. Wir sind ziemlich k.o., als wir endlich zurück im Hostel ankommen.
Zum Glück haben wir für den Abend einen Tisch im Ficlek reserviert. Wir sind gespannt auf die typische kroatische Küche. Am Ende steht nichts völlig Neues auf dem Tisch, aber alles schmeckt wunderbar und passt perfekt in unseren momentanen Ernährungsplan. Ich entscheide mich für Krautrouladen, gefüllt mit Hackfleisch, dazu Kartoffelbrei – absolut empfehlenswert! Dennis wählt die Poulardenbrust, die uns gestern von Rikard, unserem Stadtführer, ans Herz gelegt wurde.
Nach dem Essen schlendern wir noch ein bisschen durch die Einkaufsstraße und landen schließlich in einer stilvollen Rooftop-Bar. Von dort haben wir einen herrlichen Blick über die Stadt – auf die Lichter, die Drinks und die Türme von Zagreb.
Gute Nacht, Zagreb.

